KUNDENHERAUSFORDERUNG
Tongji University in Shanghai, eine der ältesten und renommiertesten Universitäten Chinas, ist führend bei der Durchführung neuer Testmethoden, um Bauingenieuren bei der Verbesserung ihrer Designs zu helfen. Das College of Civil Engineering der Tongji University beherbergt sowohl die Abteilung für Brückenbau als auch das State Key Laboratory of Disaster Reduction in Civil Engineering. Hier ist Dr. Chengyu Yang führender Professor in der Forschungsabteilung für die seismische Auslegung von Brücken. Er führt Tests durch, die helfen, die Auswirkungen verheerender Erdbeben auf Brücken, Gebäude, Tunnel und viele andere Baustrukturen zu reduzieren.
Zu den größten Herausforderungen seines Labors gehören die enorme Masse und Größe der Baustruktur-Prüfkörper. Es ist oft nicht praktikabel, Rütteltischversuche mit vollständigen Bau-Strukturen in einer Laborumgebung durchzuführen; daher müssen Forscher seismische Simulationen an viel kleineren physischen Modellen durchführen, oft im Maßstab 1:100 oder sogar 1:200. Das Problem bei dieser Herangehensweise ist: Je kleiner das Modell, desto weniger aussagekräftig sind die Ergebnisse. Kleinere Modelle reagieren einfach nicht in derselben Weise auf dynamisches seismisches Input wie größere Modelle oder 1:1-Strukturen, was die Extrapolation und Anwendung von Testdaten auf die Struktur in Originalgröße erschwert.
Eine innovative Lösung für dieses Problem ist die Durchführung von Rütteltischversuchen in Kombination mit Strukturaktuatoren von großflächigen, teilweise physischen Strukturen und der Einsatz von hybriden Simulationsverfahren, um den Rest der Struktur und/oder Masse numerisch zu simulieren. Obwohl das Konzept nicht neu ist, wurde es bisher nur auf Skalen verfolgt, die für eine aussagekräftige Erdbebensimulation an sehr großen Bauwerken zu klein sind.
Im Jahr 2014 hat Dr. Yang zusammen mit seinen Kollegen von der University of California – Berkeley und der MTS Systems Corporation die Idee der Kopplung von Rütteltischen mit Strukturaktuatoren für hybride Echtzeitsimulationen vom Konzept zur praktischen Anwendung gebracht.
MTS-LÖSUNG
Um zu beweisen, dass das Konzept in großem Maßstab praktisch angewendet werden kann, war eine enge Zusammenarbeit und eine Risikoteilung zwischen den drei Organisationen erforderlich: Die Tongji University stellte die notwendigen finanziellen Mittel, Laboreinrichtungen und physischen Testgeräte zur Verfügung; die University of California – Berkeley stellte umfangreiches Forschungs- und Modellierungs-Know-How zur Verfügung, und MTS trug sein Wissen rund um mechanische Tests, Beratung und fortschrittliche Steuerungen bei.
Entscheidend für den Erfolg war die Bewältigung der zahlreichen regelungstechnischen Herausforderungen, die mit der Integration und Synchronisierung eines dynamischen Strukturaktuators mit einem hybriden Rütteltisch/Echtzeit-Simulationssystem mit drei Freiheitsgraden (3DOF) verbunden sind. Laut Dr. Shawn You, MTS System Integration Engineer, wurden diese Herausforderungen durch den Einsatz innovativer Systemabstimmungstechniken sowie Regelungsberechnungen zur Kompensation der kaskadierenden oder verstärkten negativen Dämpfung gelöst – eine sehr komplexe Aufgabe, die die gemeinsamen Anstrengungen und Ressourcen der University of California – Berkeley und der Forscher und Ingenieure von MTS erforderte.
Um ihre Lösung zu testen, richtete das Team in der Anlage der Tongji University den seismischen Test eines Brückenlagerteils ein. Der Versuchsaufbau bestand aus einem Brückenabschnitt im Maßstab 1:4 mit einer stark reduzierten Deckmasse, der auf einem großen seismischen 3DOF-Simulator (Rütteltisch) montiert und an einem dynamischen Strukturaktuator befestigt war, der an einer angrenzenden starken Wand montiert war. Dieses physikalische System wurde von einem hybriden Echtzeit-Simulationssystem gesteuert, das einen leistungsstarken FlexTest®-Regler von MTS, einen 469D-Regler von MTS und virtuelle Struktur- und Boden-/Gesteinsmodelle umfasst, die alle über einen reflektierenden Speicher über ein OpenFresco-Kommunikationsframework miteinander verbunden sind. Als die Simulation ablief, bewies die genaue Analyse der Ergebnisse, dass das System den zusätzlichen Aktuator effektiv eingesetzt hatte, um die fehlende Masse des Brückendecks korrekt aufzubringen, was zu einer genauen seismischen Simulation der gesamten Struktur führte.
Dr. Andreas Schellenberg, Forschungsingenieur an der University of California – Berkeley und Principal bei ASES-Advanced Structural Engineering Solutions, der die virtuelle Modellierung und OpenFresco-Expertise zur Verfügung stellte, lobte den Erfolg des Projekts,
„Eine derartig präzise, simultane Steuerung eines hybriden Rütteltisches in Kombination mit einer zusätzlichen strukturellen Aktuierung war bisher nur in einem relativ kleinen Maßstab möglich. Dies ist jedoch das erste Mal, dass es in einem so großen Maßstab realisiert wurde. Mit dieser Entwicklung steht den Forschern ein wertvolles neues Werkzeug zur Verfügung, um seismische Simulationen mit hoher Genauigkeit an größeren Strukturen durchzuführen, was zu weitaus besseren und realistischeren Daten führt. Die potenziellen Anwendungen dieser Testtechnik sind sehr spannend, weitreichend und werden die Zusammenarbeit von Forschern in vielen Bereichen fördern.“
KUNDENVORTEILE
Erfreut über die Ergebnisse der Zusammenarbeit und die erfolgreiche Simulation ist Dr. Yang der Meinung, dass die neuen Methoden vielversprechend für die Zukunft der seismischen Simulation von Baustrukturen sind. „Wir können jetzt größere Prüfkörper testen, um realistischere Simulationsdaten zu erfassen, und wir müssen nicht mehr komplette physische Gebäudemodelle bauen und testen – nur ein paar Stockwerke oder Unterstrukturen reichen jetzt aus, um das Schwingungsverhalten des kritischsten Teils des gesamten Gebäudes genau zu simulieren. Die Implementierung dieser neuen Methode hat das Potenzial, die Prüfkosten erheblich zu senken, viel Zeit zu sparen und die Betriebseffizienz unseres Labors zu erhöhen.“
Die vielversprechende Integration von Rütteltischen und Strukturaktuatoren in die hybride Echtzeitsimulation geht über die Anwendung berechneter Strukturmasse hinaus. Zusätzliche, multiple Aktuatoren könnten auch verwendet werden, um berechnete Wind- und/oder Welleneinflüsse anzuwenden. Die Simulationen könnten auch auf mehrere Rütteltische verteilt werden, was eine weitere Erhöhung des Prüfkörpermaßstabs ermöglicht, um eine höhere Simulationsgenauigkeit zu erreichen. Dr. Yang meint dazu: „Diese Entwicklung könnte eine neue Ära in der bautechnischen hybriden Simulation darstellen.“